Neue Wege zu mehr Lebensqualität für Familien, Eltern und Alleinerziehende

Neue Wege zu mehr Lebensqualität für Familien, Eltern und Alleinerziehende

Wenn du die so viel zitierte Vereinbarkeit von Familie und Beruf eher als ein gegen dich gerichtetes, sich immer schneller drehendes Hamsterrad empfindest, dann wird es Zeit neue Wege und Lösungen zu suchen. Denn echte Vereinbarkeit sieht anders aus. Zudem machen Stress und Zeitnot auf Dauer krank. Daher keimt bei vielen aktuell der Wunsch nach einer familienfreundlichen Gesellschaft auf, in der sich Eltern nicht ständig zwischen Familie, Beruf und eigenen Wünschen zerreißen müssen. Aber wie könnte diese neue Gesellschaftsform aussehen und wie erweckt man sie zum Leben?

Neue Wege für eine familienfreundliche Gesellschaft

An dieser Stelle möchte ich die liebe Sarah Zöllner vorstellen. Sie ist Autorin für Familien- und Gesellschaftsthemen und selbst Mutter zweier Söhne im Kindergarten- und Grundschulalter. In ihrer 3-teiligen Blogreihe „Neue Wege für eine familienfreundliche Gesellschaft“ auf mutter-und-sohn.blog lässt Sarah Zöllner Menschen zu Wort kommen, die Veränderungen bereits heute beginnen. 

Als Unternehmer/innen, Freiberufler/innen und Verantwortliche in Institutionen und Verbänden zeigen sie, dass Veränderung möglich ist, wenn man nur den Mut hat, weiter zu denken und das vermeintlich „Normale“ einer wenig familienfreundlichen Gesellschaft in Frage zu stellen.

Wie wollen Familien arbeiten?

Im ersten Teil ihrer Blogreihe bringt Sarah das Thema Arbeit zur Sprache und hat viele Interviews mit Vordenker:innen und Visionär:innen geführt. Menschen, die genau das gemacht haben: Die klassischen Wege und Gedankenmodelle verlassen und durch ihren wachen Blick neue Möglichkeiten erkannt und belebt haben.

Auch ich durfte mit Sarah diesbezüglich ein Interview führen, denn als alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern sind meine Rahmenbedingungen im Hinblick auf klassische Arbeitsstrukturen sehr eng gestrickt.

Das volle Interview zum Thema "New Work"

Sarah Zöllner: Liebe Silke, kannst du mir kurz etwas zu dir und deiner aktuellen Lebenssituation erzählen und warum das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf dir wichtig ist?

Silke Wildner: Hi, ich bin Silke Wildner, Mama von zwei Schulkindern und habe 2018 den Blog „Gut alleinerziehend“ gegründet. Vor allem um Müttern und Vätern gute Alternativen aufzuzeigen, die sich mit dem negativ geprägten Bild von Alleinerziehenden nicht identifizieren wollen und für sich gute Lösungen suchen. Und ja, dazu gehören auch die Themen Arbeiten und Geld verdienen.

Schauen wir einmal auf den klassischen Arbeitsmarkt und sehen uns die allgemeine Situation für Alleinerziehende in Bezug auf eine gute Balance zwischen Zeit (haben) und Geld (verdienen) an. Dabei erkennen wir, dass es für Alleinerziehende oft ein schwieriges Unterfangen ist, Arbeit & Geld und Familienleben zu vereinbaren.

Das liegt daran, dass die Arbeitsverträge von Teilzeit- oder Vollzeit-Festanstellungen meist nur auf Zeit basieren – in Form von Wochenarbeitszeiten – und die Zeit ist unser größter Mangel!

Arbeit in Teilzeit: Mehr Zeit, weniger Geld

Gibt man dem Zeitfaktor dann nach und lässt sich in Teilzeit anstellen, reicht dann oft das Geld nicht mehr und es müssen Beihilfen beispielsweise für Wohngeld bzw. Kinderzuschlag beantragt werden. Hinzu kommt die drohende Altersarmut, die ja ganz besonders Frauen im Visier hat aufgrund der geringeren Gehälter (Gender Pay Gap). Negativ wirkt sich dann auch noch die reduzierte Lebens-Arbeitszeit durch die überproportional geleistete Care-Arbeit auf die Rente aus.

Wie man es dreht und wendet, ich denke viele Alleinerziehende stellen sich eine richtig gute Vereinbarkeit irgendwie anders vor. Aber wie?

Gute Vereinbarkeit für Mütter und Alleinerziehende

Und genau darüber habe ich mir viele Gedanken gemacht, denn: Ich wollte, als ich selbst Mutter wurde, eine gute Vereinbarkeit haben, genug Geld verdienen und meine Kinder nicht in einer Ganztagsbetreuung unterbringen. Auch nicht als ich vor 7 Jahren Alleinerziehende wurde!

Ich habe diese so scheinbar alternativlose Arbeitswelt nach meinem Burnout für mich so nicht mehr akzeptiert und zwischenzeitlich viel mit Zeit und Einkommensmöglichkeiten experimentiert.

Dabei bin ich bis heute kein einziges Mal finanziell ins Straucheln gekommen und habe mir selbst eine Altersvorsorge aufgebaut. Das gibt mir ein hohes Maß an Sicherheit. Sicherheit, die viele nur mit einem festen Arbeitsplatz verknüpfen und dafür große Opfer bringen.

Worum geht es bei "Arbeiten wie ich will"?

Sarah Zöllner: „Arbeiten wie ich will“ heißt dein Projekt für berufstätige Mütter. Klingt gut! :-) Worum geht es dabei und was können die Mütter, die sich von dir beraten lassen, erreichen?

Silke Wildner: Mein neues Projekt „Arbeiten wie ich will“ habe ich für alle Interessierten ins Leben gerufen, die ihre aktuelle Arbeitssituation aus diversen Gründen in Frage stellen oder das Hamsterrad, das ja vor allem bei Alleinerziehenden oft über den ganzen Tag minutiös getaktet ist, verlassen wollen.

Es steht somit nicht nur berufstätigen Müttern und Alleinerziehenden offen, sondern allen, die sich aktuell beruflich verändern möchten oder sogar müssen, weil beispielsweise der Arbeitsplatz wegfällt oder nicht mehr zu den eigenen Werten und Bedürfnissen passt.

Und nein, es geht nicht darum, das Gleiche zu machen wie ich – denn jeder von uns hat ganz eigene Stärken und Qualitäten, die gelebt werden wollen. Diese Individualität bzw. die eigene Identität zu erkennen, ist ein wichtiger Baustein bei „Arbeiten wie ich will“.

Lebe ein Leben in deiner Balance

Denn wer nach seinen ureigenen Qualitäten lebt, der kommt in seine Balance und findet seinen Lebensrhythmus wieder. Außerdem helfen diese Stärken dabei leichter Geld zu verdienen. Denn es gibt heute so viele andere Arbeitsmöglichkeiten und Einkommensarten, das für jeden eine gute Alternative dabei ist.

Durch meine Entscheidung den klassischen Karriereweg zu verlassen, habe ich mir mein Leben Stück für Stück zurück geholt und das keine Sekunde bereut. Ich habe endlich die Zeit für mich und meine Kinder und teile mir die Arbeit in meinem Rhythmus ein. Nicht von Mo–Fr von 9–17 Uhr, sondern so, wie es in mein Leben passt! So will ich arbeiten!

Und du? Was wünschst du dir für dich (und dein Kind) rund um die Themen Arbeiten, Geld verdienen, Zeit und Lebensbalance? 

Was du bei mir und meinen Projekt „Arbeiten wie ich will“ erwarten kannst: 

1. Innere Arbeit und Entdecken deiner ureigenen Individualität, so dass übernommene Glaubenssätze und Prägungen erkannt und losgelassen werden können.

2. Herausarbeiten der eigenen Fähigkeiten und Qualitäten, damit dein Selbstwert gestärkt wird. Daraus schöpfst du die Kraft und den Mut, um für dich einen eigenen Weg zu gehen und Veränderungen im Außen zu bewirken.

3. Erfahre für dich passende neue Arbeitsmöglichkeiten durch meine langjährige Expertise, so dass wir für dich einen Schritt für Schritt Plan zur Umstellung deiner Arbeit entwickeln können.

Was tun bei unflexiblen Arbeitsbedingungen? 

Sarah Zöllner: Was mache ich, wenn mein Beruf so gar nicht „Home Office-kompatibel“ ist? Wenn ich z.B. als Krankenschwester, Lehrerin oder Verkäuferin arbeite? Kann ich die Tipps, die du gibst, dennoch nutzen?

Silke Wildner: Bei meinem Projekt geht es nicht zwingend um Home-Office oder Online-Selbständigkeit. Sondern es geht um deine Selbstverwirklichung, damit du dein Leben so leben kannst, wie du es gerne möchtest. Dabei helfe ich die Geldsorgen zu minimieren und zum Beispiel über Diversifikation im beruflichen Bereich das Risiko einer Arbeitslosigkeit abzumildern.

Denn wenn ich beispielsweise als Verkäuferin nur ein Gehalt beziehe und meinen Arbeitsplatz verliere, dann sieht es im Folgemonat finanziell direkt düster aus. Und genau diese Angst hält viele davon ab, das berufliche System zu hinterfragen und akzeptieren Arbeitsbedingungen, die nicht zu ihnen passen.

Wir sind alles anders

Wenn wir mal ganz ehrlich sind, dann sind wir alle ganz unterschiedlich. Und während der eine sehr gerne sehr viel arbeitet und dafür viel Energie zur Verfügung hat, braucht ein anderer wiederum viele Pausen. Das hat nichts mit Faulheit oder fehlender Anstrengung zu tun, sondern ist im „Energietyp“ begründet. 

Das berufliche System ist aber gar nicht auf diese Individualität eingestellt und begünstigt nur die, die viel Energie aufbringen können und den ganzen Tag für die Arbeit Zeit haben. Wenn du also mit deinem Beruf und deinen Arbeitsbedingungen glücklich bist, dann ist das wunderbar. Aber wenn nicht, dann sei ehrlich zu dir. Da ich selbst schon im Burnout gelandet bin, weiß ich, was passiert, wenn man die persönlichen „Bauchschmerzen“ täglich wegdrückt und nur noch funktioniert. Das geht nicht ewig so!

Der große Unterschied zwischen Beruf und Berufung

An dieser Stelle sollten wir noch über Beruf und Berufung sprechen: Die Berufung resultiert aus deinen besonderen Fähigkeiten und Stärken. Das erkenne ich sehr deutlich an den Frauen, die zu mir in die Beratung kommen. Sie haben ihre Berufung erkannt und möchten sie auch leben – aber nicht in dem Arbeitssystem (Beruf).

Deine Berufung kannst du nicht ändern, willst du auch nicht. Denn das ist deine ureigene Fähigkeit, die du gerne in die Gemeinschaft einbringst. Aber die systematisch dazu aufgebauten Berufsbilder und Arbeitsbedingungen wurden nicht von uns mitbestimmt.

Daher schauen wir bei „Arbeiten wie ich will“ über den Tellerrand und überlegen, wie deine Berufung in anderer Form auch im Außen besser gelebt werden kann, auch im Hinblick auf die Vereinbarkeit und die finanzielle Absicherung. Was gefällt dir an deiner Arbeit und was gefällt dir überhaupt nicht mehr? Das darf dann losgelassen und transformiert werden.

Denn du bist Leben und dein Leben will gelebt werden - und nicht erst, wenn du in Rente bist. Wobei sich hier die Katze für viele Frauen, Mütter und Alleinerziehende wieder in den Schwanz beißt, wenn im Alter zu wenig Geld für ein gutes Leben zur Verfügung steht. 

Was muss politisch für eine bessere Vereinbarkeit getan werden?

Sarah Zöllner: Was siehst du persönlich als die dringlichsten politischen Schritte, um eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen?

Silke Wildner: Seitdem ich Alleinerziehende bin, beobachte ich das politische Geschehen und das gesellschaftliche System sehr genau und prangere an dieser Stelle immer gerne das Ehegattensplitting an. Ich wundere mich, wieso es das überhaupt noch gibt und Deutschland das einzige OECD-Land ist, das ein großes Einkommensgefälle zwischen Eheleuten auch ohne Kinder steuerlich subventioniert.

Nachdem ich vor kurzem aber lernen durfte, dass Helmut Kohl schon 1982 bei seiner Antrittsrede versprochen hatte, das Ehegattensplitting zugunsten eines Familiensplittings abzuschaffen, sehe ich die politischen Entscheidungen mit anderen Augen. (Quelle zu Helmut Kohl)

Bis dato dachte ich auch, dass wir nur mit den richtigen Ideen an die Politik herantreten müssen, um das Leben für Familien, Mütter und Alleinerziehende zu verbessern.

Wir sollten aufhören zu warten

Aber als ich vor kurzem auf einem Straßenfest war, kam mir ein ganz anderes Sinnbild in den Kopf: Auf dem Fest stand ein Zauberer auf einer kleinen Bühne und viele Kinder versammelten sich davor. Der Zauberer wirkte sehr sympathisch und forderte die Kinder auf mit ihm zusammen bis 3 zu zählen. Die kleinen Zuschauer machten ganz begeistert mit, aber der Mann auf der Bühne zählte stattdessen laut: „1, 6, 9“, und lächelte dabei.

Die Kinder wurden ganz aufgeregt und verbesserten den Zauberer lautstark. Aber auch nach ein paar weiteren Runden änderte sich nichts und die Kinder versuchten fast schon verzweifelt dem Zauberer weiterzuhelfen. Denn er konnte offensichtlich nicht bis 3 zählen.

Ist das nicht das gleiche, was wir auf der politischen Bühne beobachten können? Wir setzen alle Hoffnung darauf, dass die richtigen Entscheidungen endlich getroffen werden und unsere Lösungen gehört werden, weil sie doch so offensichtlich sind. Und so treten wir mit politischen Entscheidern in Kontakt und wollen beim „Zählen“ helfen.

Daraus entsteht eine Erwartungshaltung unsererseits und so warten wir vor lauter Er“wart“ung weiterhin ab. Das nenne ich im Business-Bereich übrigens ein „Hoffnungsbusiness“, das zum Scheitern verurteilt ist. Denn wir bauen hierbei auf Dinge, die außerhalb unserer Entscheidungsgewalt liegen. Das führt dann zur Enttäuschung. Was gar nicht verkehrt ist, denn die Ent-Täuschung ist das Ende der Täuschung.  

Aber so ganz wollen wir das noch nicht wahrhaben und rufen den Zauberkünstlern auf der Bühne weiterhin die richtigen Zahlen zu. Es kann doch nicht sein, dass sie nicht bis 3 zählen können…

Vielen Dank für deine Fragen, liebe Sarah.

Mehr von Sarah Zöllner und ihrem Engagement für Eltern und Familien findest du auf ihrem Mutter-und-Sohn-Blog.

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